Daniels Spielwoche (41/2014)

Verdammte Eurospiele! Was ist nur mit euch los? Warum muss ich euch die ganze Zeit spielen? Und warum bin ich so hin- und hergerissen? Russian Railroads zum Beispiel. Tolle Grafik, tolle Mechanismen, tolle Spielregel, toll alles, aber leider unthematisch und dröge. Bei meinem ersten Besuch bei den russischen Eisenbahnern hier fand ich RR noch ganz gut, aber wenn mal das Neue weg ist, bleibt leider nur noch ein trauriger, seelenloser Kern übrig. Nein, das ist nicht wahr, Russian Railroads funktioniert tadellos und hat bestimmt verdient den Deutschen Spielepreis 2014 erhalten; ich erwarte nur ein wenig mehr als einen schnurrenden Motor – ich will Emotionen! Und die passiv-aggressive Interaktion bei RR„oh, jetzt hast du mir aber ein wichtiges Feld weggenommen, tu pöser Pursche!“ – reicht mir da nicht.
Dazu kommt diese verdammte Eurospiel-Abrechnung, die unbedingt am Ende noch mal einen Wertungsschnörkel draufsetzen muss. Ich führte das ganze Spiel über scheinbar uneinholbar, und habe am Ende mit nur acht Punkten Differenz (wer Russian Railroads kennt, weiß, wie wenig das ist!) dann doch noch den zweiten Platz gemacht, weil ich eben keine Am-Ende-bringen-diese-Karten-auch-noch-Punkte-Karten hatte. Ist das realistisch? Oder gar gerecht?
Wenn Russian Railroads das nächste Mal auf den Tisch kommen sollte, spiele ich mit und probiere sicherlich auch noch einen weiteren Weg aus (dieses Mal hatte ich mich sehr auf Industrie und den unteren Wertungspunktestrang konzentriert). Aber erwartet bitte keine schweißnassen Hände und Adrenalin bei mir.

Lane? Kent?

It’s fun to stay at the YMCA!

In die gleiche Kerbe schlägt da Lewis & Clark. Schöne Bilder, und der Deckbau-Mechanismus ist ganz cool. Dass die Arbeiter im Worker-Placement-Teil de facto allen Mitspielern gehören, finde ich großartig. Gab es so etwas schon einmal bei einem anderen Spiel? Klasse ist auch, dass es eben keine Endabrechnung gibt, sondern schlicht und einfach der gewinnt, der das Ziel zuerst erreicht (was mir beinahe gelungen wäre – hätte ich nicht zwei Holz zu viel gehabt, die ich – warum auch immer! –nicht einfach zurücklassen konnte, sondern die mich wieder ein Feld zurückbewegten, da sie ein Platz in einem meiner Kanus einnahmen. Hallo? Holz schwimmt, oder wie war das noch? Jedenfalls musste ich ein Feld zurück und habe deshalb nicht gewonnen, und genau deshalb werde ich L&C jetzt schlecht machen).

Jetzt die negativen Punkte: das ungewöhnlich orange-braune Spiel erzeugt einfach null Emotionen. Ich habe zu keiner Zeit das Gefühl, wirklich an einem Rennen in den Westen teilzunehmen. Ab und an gelingt ein cleverer Zug, wenn eine andere Spielfigur zufällig gerade so dasteht, dass man sich ein Gratisfeld bewegen darf. Huuuuh! Lasst mich eben mein Monokel gerade rücken.
Dazu kommt, dass L&C, zumindest in Viererbesetzung, deutlich zu lange dauert. Wir haben exklusive Regelerklärung knapp drei Stunden gebraucht, das sind gefühlte zwei zu viel. Immerhin hat Lewis & Clark es aber geschafft, dass ich mich mit Supersilke noch zwei Tage später darüber unterhalten habe, was man beim nächsten Mal anders machen würde. Insofern vielleicht doch kein Totalausfall. Nun gut. Man trifft sich ja immer zweimal im Leben.

 

Domino mit zehn Ecken

Einfach Genial ist eins dieser Knizia-Spiele. Das bedeutet: Spielregeln überschaubar bis einfach, Punktwertung irgendwie komisch – in der Regel zählt nur die Kategorie, die die niedrigste ist. Meine typische Strategie bei diesem Domino mit Doppelhexsteinen ist es, zuerst eine Farbe ganz nach vorne zu bringen, um dann Doppelzüge machen zu können, nicht ohne gute Gelegenheiten zwischendurch zu nutzen und/oder die Mitspieler zu ärgern. Das funktioniert zu zweit ganz gut, im Spiel zu viert aber lässt man sich einfach ein bisschen treiben und freut sich am flotten Spielverlauf. Und am Sieg, denn ich gewann. 🙂

 

Die Sterne stehen richtig

Über Star Realms in der digitalen Version habe ich hier schon genug geschwärmt. Nun aber, da in unser aller Lieblings-Spieltraum ein Exemplar der physischen Version mit meinem Namen drauf ankam (Danke, Malte!), hatte ich die Gelegenheit, es mal „in echt“ von Angesicht zu Angesicht zu spielen, bisher insgesamt vier Mal (gegen Dennis, Andreas und zweimal Supersilke). Noch bin ich ungeschlagen … (wenn man mal von einer Online-Schmach gegen Hesy, den ich hoffentlich in Essen endlich mal kennen lerne, absieht).
Star Realms ist formidabel. Bitte kaufen. Bitte spielen. Mehr sage ich dazu nicht. Wer auch nur den Hauch eines Interesses an Deckbauspielen hat, kommt um Star Realms nicht herum. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle nur noch das Karten-Layout, das dem Spieler schon im Laufe der ersten Partie mit eindeutiger Ikonografie das Spiel erleichtert. So schnell kann das gehen – I’m looking at you, Race for the Galaxy!

Mush! Mush! ist immer wieder gut, allerdings liegt die optimale Spieleranzahl weit unter dem Maximum von acht Spielern. Die downtime ist hier einfach zu lang. Bei vier Spielern flutscht das Spiel wesentlich besser (und erhält somit den Renncharakter), wenn man sich naturgemäßg auch nicht so viel blockieren kann. Trotzdem eine Perle und das bisher beste Spiel der Lamont-Brüder. Komischerweise hat Lothar nicht gewonnen. Sachen gibt’s.

Der sweet spot bei Cosmic Encounter liegt auch eher bei fünf Spielern, denke ich. Zu sechst hat es am vergangenen Mittwoch im Spieltraum ein bisschen zu lange gedauert, wobei wir nach der Hälfte des Spiels, einem rage quit geschuldet, auch nur noch zu fünft waren. Nicht jeder kommt mit der Zufälligkeit und dem Chaos von CE klar, und man darf diesen Klassiker vielleicht auch nicht mit jedem spielen. Trotzdem stehe ich zu meiner Meinung von vorletzter Woche: Cosmic Encounter ist großartig (wenn auch noch mitspielerabhängiger als andere Spiele).

 

Hey now! I’m a wok star!

Am Wochenende habe ich mit Supersilke und -tochter das neu erschienene (und vor über einem Jahr gekickstartete) Wok Star gespielt. Ein witziges Hektikspiel. Die Spieler sind die Eigentümer eines chinesischen Restaurants und versuchen unter Zeitdruck, diverse Gerichte an möglichst viele Kunden zu verkaufen. In 30 Sekunden muss ein Gericht zubereitet werden, was zuerst recht einfach ist: das Vorhandensein der bis zu vier Zutaten wird mit großen Holzsteinen auf einer ebenfalls sehr großen Skala angezeigt, und die entsprechenden Zutaten werden auf dieser Skala schlicht abgezogen. Nächster Kunde. Doch halt, denn natürlich sind zu wenig Zutaten vorhanden. Jeder der Spieler hat vor sich Zubereitungskärtchen liegen, denen Würfel zugeordnet werden. Für Bambussprossen muss zum Beispiel (idealerweise) eine 6 platziert werden, dass gibt dann zwei Portionen. Oder aber zwei gerade Würfel, dafür gibt es dann sogar dreimal Zutaten.
In den 30 Sekunden „Servierzeit“ müssen also von allen Spielern die benötigten Zutaten vorbereitet werden, es gibt ein lustig-hektisches Hin- und Hergeschiebe der Zutaten und der Würfel, zwischendurch noch Ereigniskarten, die für Ärger, Erheiterung und kurzzeitige Entspannung sorgen. Die Regeln sind einfach und schnell erklärt, und eine Partie dauert zu dritt eine knappe Dreiviertelstunde, was perfekt ist. Ein echt lustiges Familienspiel, das sicherlich noch öfter gespielt werden wird. Ach so, wir haben am Ende leider nicht gewonnen, es fehlte tatsächlich nur ein Dollar, wobei wir auch zwischendurch noch echt Glück hatten. Beim nächsten Mal schaffen wir es?

 

That means „always eating“

Auf geht es nach Essen! Was interessiert Euch bei der diesjährigen weltgrößten Spielemesse? Ich werde mich hauptsächlich auf Indie-Spiele konzentrieren und die Mainsteamspiele weitgehend links liegen lassen, auch wenn ich mich schon auf eine abendliche Partie Imperial Settlers, das garantiert jemand erstehen wird, freue. Stefan Felds Aquasphere werde ich ausnahmsweise mal ignorieren, und Alchemists aufgrund eines nicht vorhandenen Smartphones ebenfalls. – Vielleicht sind die Schlösser des verrückten Königs Ludwig gut? Oder Progress: Evolution of Technology? – Wir sehen uns  dort! Und lesen uns hier nächste Woche.