Daniels Spielwoche (16/2014)

Verschwitzt und zerschunden irre ich wütend durch die nasskalten Gassen, auf der Suche nach meinem neuen Erzfeind. Stefan Feld? Nein, heute Nacht ist es Uwe Rosenberg.

Achtung! Die Frustvonderseeleschreiberei über Ora et Labora ist ein bisschen lang geworden. Wenn Dich, liebe/r Leser/in, mein Gemotze nicht interessiert, scrolle einfach weiter nach unten. Ich schreibe auch noch über Dominion, das Siedler-Kartenspiel, Concept, Die Speicherstadt, Zoff im Zoo und Dumm gelaufen! Andererseits, wenn es Dich nicht interessiert, was machst Du dann überhaupt hier?

Ora3_SiegerOra et Labora – beten und arbeiten. Ein passender Titel, nicht nur wegen des Mönchsthemas (das sogar funktioniert), sondern weil das Spiel wirklich Arbeit ist. Uwe Rosenberg, den ich wegen seines Klassikers Bohnanza (der ihn vor dem ansonsten hochverdienten Axtmord rettet) eigentlich verehre, hat ein wahres Monstrum von einem Produktionskettenspiel erschaffen, das Gehirnzellen verschlingt und Lebensfreude saugt.

Die Spieler roden auf ihren eigenen Tableaus Wälder, legen Moore trocken und bauen Gebäude, die die Gewinnung von Rohstoffen, die Erzeugung von Halberzeugnissen oder von diversen Produkten ermöglichen, die dann wiederum in andere Kommoditäten umgewandelt werden können, die dann zu anderen Objekten werden, die am Ende Siegpunkte bringen. So weit, so langweilig. Aber bis zu einem gewissen Grad ist es in diesem Spiel sogar sehr thematisch: auf dem Bauernhof besorge ich mir Getreide, mahle es mit einer Windmühle zu Mehl (mit dem Nebenerzeugnis Stroh), und in der Bäckerei backe ich Brot (=Nährwerte*), das ich auch verkaufen kann (=Money).

*Jemand muss uns’ Uwe erzählt haben, dass das mit dem Leute füttern** in Agricola cool war. Sag ihm bitte mal jemand, dass das nicht stimmt.

** Ich weiß, ich weiß. Man muss bei Ora et Labora keine Leute ernähren. Sondern Ortschaften bauen. Wenn ich bei Agricola nicht genug Nährwerte habe, kriege ich Minuspunkte (Bettelkarten), bei O&L gibt es eben keine Pluspunkte, wenn man sich die Bauernschaft nicht leisten kann. Po-tay-toe, po-tah-toe.

Problematisch ist, dass es genau die eine Windmühle gibt. Und wenn man nun am Anfang die Bäckerei baut, weil man sie sich gerade leisten kann und weil dann ja schon keiner die Windmühle braucht – denn was soll man als Nichtbäcker anfangen mit dem ganzen Mehl – und dann einem doch ein Mitspieler, vermutlich aus purer Boshaftigkeit, die Mühle wegschnappt, die man dann das ganze verdammte Dreistundenspiel über mit spärlichst vorhandenen Münzen bezahlen muss, dann macht das Ganze schon weniger Spaß. Ker’, was hab ich mich geärgert.

Jetzt guckt Euch das an! Wie viel SCHEISS in dem Spiel ist!

Jetzt guckt Euch das an! Wie viel SCHEISS in dem Spiel ist!

Das ist jetzt natürlich weniger die Schuld von Ora et Labora, sondern die meiner Gegner, aber dieses von Uwe gewollte Gebäudedefizit nervt schon ziemlich. Zumal die Produktionsketten auf den in viereinhalb Punkt klein gedruckten „Übersichtsblättern“ äußerst undeutlich sind und weil es Milliarden von Chips gibt: Lehm, Getreide, Stein, Holz und Schafe kennen wir ja schon aus den Siedlern***, aber hier gibt es auch noch Torf, Keramik, Mehl, Stroh, Kohle, Fleisch, Münzen, Bücher, Keramik, Ornamente, Malz, Bier, Whisky, Trauben, Wein, Brot und Reliquien – bestimmt habe ich aber immer noch was vergessen. Uwe!! Das ist doch übertrieben!

*** Ora et Labora erinnert übrigens frappierend an die Siedler – jetzt aber mal nicht die aus Catan, sondern die Computerspiel-Siedler von Blue Byte – ist aber nicht knuddelig, entspannend und faszinierend, sondern ein Arsch. Der kleine dicke Junge, der die mühsam errichtete Sandburg absichtlich zerstört.

Da dem Grafiker die Icons und die Tertiärfarben ausgegangen sind, ist das doppelseitige Übersichtsblatt nicht so einfach zu verstehen. Welches Gebäude erzeugt was? Welche Produktionsstätte muss ich jetzt bauen, damit ich später jenes Gebäude bauen kann, das mir ermöglicht, diese Stoffe zu erzeugen, die dann soundsoviel Punkte wert sind? Dieses Spiel ist Arbeit!

So sieht das Tableau eines Verlierers (=meins) aus. Immerhin ordentlich.

So sieht das Tableau eines Verlierers (=meins) aus. Immerhin ordentlich.

Und Beten: ich musste wirklich beten, dass mir keiner das Gasthaus wegschnappt, in dem ich dann meine Brote teuer verkaufen wollte. Aber wie das mit meiner Verbindung zu IHM so ist – klappte das natürlich nicht, Strategie kaputt, Daniel ärgerlich.

Jetzt erwartest Du, gut aussehende/r und hochintelligente/r Leser/in, vermutlich, dass ich das Spiel einfach total scheiße finde, ist aber nicht so. Es fasziniert mich ungemein, aber es ist eine Hassliebe. Ich könnte beruhigt sterben, ohne O&L auch nur noch einmal in meinem Leben aus der Ferne gesehen zu haben, aber dennoch … muss ich es noch einmal spielen. Möchte mir nicht vielleicht jemand seine Ausgabe von Ora et Labora leihen (denn kaufen kann, nein, darf ich es mir nicht!), damit ich es vielleicht einmal zu zweit mit Supersilke probieren kann?

Wie nach meinem Bericht zu erwarten ist, ging es durch meine Unfähigkeit, eine Strategie zu Ende zu führen, schlecht für mich aus. Nicht das erste Mal übrigens, ich habe O&L jetzt drei Mal gespielt, und wirklich jede Partie endete mit dem letzten Platz für mich. Vielleicht funktioniert das Spiel einfach nicht für mich. It’s not you, it’s me.

Wenn ich jetzt „bis bald“ sage, ist das ein herausforderndes, trotziges und zähneknirschendes „bis bald“. Also, Uwe: bis bald.

Dominion

Zu viel Geld, zu wenig Aktionskarten, zu wenig Punkte.

Zu viel Geld, zu wenig Aktionskarten, zu wenig Punkte.

Nach der Ora et Labora-Tortur gab es noch die zäheste Partie Dominion ever*. Keine Karten mit „+ Aktionen“, keine nennenswerten Kartennachziehaktionen, keine Entsorgungskarten (wenn man mal vom Piratenschiff absieht, thank you very much). Dafür gab es das Gesindel, das den Spielfluss wiederholt störte aber selten von Nutzen war. Die Partie dauerte einfach ewig und wäre dazu geeignet, jeden Dominion-Einsteiger das Spiel auf ewig zu vermiesen.

Ich habe mich ein wenig verzettelt, das Piratenschiff fast nie genutzt und am Ende außer drei Provinzen keine Punktekarten gehabt und entsprechend auch nicht gewonnen (ich glaube, ich war dritter von vieren). Wir vergessen das Spiel mal einfach wieder.

*ever, ever!

Die Siedler – das Kartenspiel

Siedler KartenspielWas gab’s noch auf dem Tisch? Seit Jahren zum ersten Mal wieder das Siedler-Kartenspiel. Früher haben wir das wöchentlich zwei- bis dreimal gespielt, aber seit bestimmt 15 Jahren nicht mehr angefasst. Und wie war es? Es funktioniert immer noch gut, wirkt teilweise aber ein bisschen angestaubt. Aber es ist toll, sein Fürstentum wachsen zu sehen.
Mit dem Grundset alleine (ich habe zwar die Erweiterungen, wir spielten aber „vanilla“) ist es recht multiplayersolitär und nicht konfrontativ, was aber ganz angenehm ist.

Wir haben beschlossen, unseren alten Freund und Wegbegleiter in Zukunft wieder öfter zu spielen und jedes Mal eine anderes  der Erweiterungssets einzumischen.

Ach so, gewonnen habe tatsächlich ich, wer hätte das gedacht?

Concept

ConceptIch finde das Konzept von Concept einfach großartig. Wir haben es am Osterwochenende mehrfach gespielt, und zwar jedes Mal mit den Kindern, die die Rätselaufgabe toll fanden und es auch genossen, ihrerseits kreativ zu werden. Mein sechsjähriger Sohn hatte Probleme, die farbigen Würfel mit den farbigen Ausrufezeichen in Verbindung zu setzen, aber er konnte problemlos einfache Begriffe – auch selbst ausgedachte – erklären. Ein tolles Familienspiel! Wobei es mir doch deutlich mehr Spaß macht, selbst Begriffe zu legen als sie zu erraten.

Ich freue mich trotzdem darauf, es auch mal wieder in größerer Erwachsenenrunde und dann mit den extraschwierigen Begriffen zu spielen: Helmpflicht … Fußgängerzone … Weltschmerz …

16. April, Holling

Im Holling habe ich Die Speicherstadt von meiner Nemesis Stefan fuckin’ Feld kennen gelernt. Das fand ich tatsächlich ganz gut, und das überraschte mich selbst am meisten – ok, am meisten müsste mich vermutlich überraschen, dass ich mich bereitwillig dazu hinreißen lassen habe, dieses Halbkartenspiel überhaupt zu spielen. Ein cleverer Bietmechanismus und nicht zu viele Schnörkel – eigentlich sehr untypisch für Feld, dessen ansonsten einziges erträgliches Spiel Revolte um Rom ist. Vielleicht waren wir mit fünf Spielern ein wenig zu stark besetzt, aber ich spiele es gerne wieder mit (und habe sogar – Schock schwerenot! – überlegt, es mir selbst einmal zuzulegen).

Das hübsch illustrierte Zoff im Zoo fand ich bei der ersten Runde verwirrend, in der zweiten interessant und in der dritten Runde doof. Schlecht ist, dass man nur schwer einschätzen kann, welche Wertigkeit die eigene Kartenhand hat und dass so ein Stich ständig von vorne los gehen kann (Elefant als höchste Land-Karte, dann Maus als niedrigste Karte usw.). Außerdem ist die Wertung sehr verkopft und dadurch störend. Leider nicht so gut wie erwartet. Tichu ist als ähnlich angesiedeltes Kletterstichspiel in jeder Hinsicht besser.

Zum Schluss haben wir noch Dumm gelaufen! ausprobiert, ein Kartenspiel, das an seiner 80er-Jahre-Gestaltung, aber noch viel mehr an dem unausgewogenen Spielablauf krankt. Die Grundidee – Veränderung der Kartenhand durch Tausch mit verschiedenen Stapeln/Auslagen – finde ich reizvoll, die Aufgabenerfüllung, die das Spielziel ist, ist jedoch extrem unausgewogen (besonders, da völlig unverständlicherweise die nicht erfüllten Ziele zwischendurch abgeworfen werden müssen – wer hat sich das denn wohl ausgedacht? In den See mit ihm, mit Ketten an den Füßen!). Als schließlich Martin gewann, hatten wir alle das Gefühl, auch ein bisschen gewonnen zu haben. Endlich vorbei. 🙂

Puh, das war jetzt aber ganz schön lang. Danke für’s Durchhalten. Wir lesen uns nächste Woche!