Neuer Monat, neue Spiele: Ingo und Daniel spielen heute Quartett. In echt.

Ingo: Hi, Daniel! Wie sieht’s aus mit einer Runde Quartett?

Daniel: Hallo, Ingo. Oh, das hab ich früher gerne gespielt. Auf dem Schulhof, natürlich Autoquartett. Mein Lieblings-Quartett war eins, bei dem die Karten rund ausgestanzt waren. Das beste Auto war ein DeTomaso Pantera und …

Ingo: Also, ich meine damit eigentlich, dass die Zahl „4“ in Toplisten bislang unterrepräsentiert ist und wir es daher mal mit einer neuen Kategorie „Unsere 4 Topspiele der Kategorie XYZ“versuchen könnten. Mein erster Themenvorschlag ist „Spiele der Stunde“, oder auch: wenn du jetzt vor deiner Spielesammlung stehst, welche vier Titel würdest du als erstes spielen wollen, oder welches gehört da bald unbedingt rein? Mit kurzer Beschreibung und Begründung.

Daniel: Gerne. Na, dann fang Du doch mal an!

Ingo: Ich fang mal an. Als erstes muss ich da das X-Wing Minaturenspiel nennen. Bei X-Wing steuern wir als Piloten den namensgebenden Raumjäger aus Star Wars … oder eines der zu dutzenden erhältlichen kleinen und größeren Schiffe aus dem Star Wars Universum, allesamt detailreich modelliert und bereits bemalt (!).

Daniel: Eine gute Wahl. Bei mir wäre X-Wing tatsächlich auch an allererster Stelle. Klasse bei dem Spiel ist die Art der Bewegung, denn X-Wing ist weniger Brettspiel als schon fast ein Tabletop.

Ingo: Ja, die Bewegung auf einer frei zu wählenden glatten Oberfläche wird gleichzeitig geplant und über verdeckte Manöverscheiben eingestellt, danach durch Bewegungsschablonen ausgeführt. Die Kämpfe (und hey, genau darum geht es, nicht um Flugsimulation) werden über ein einfaches Würfelsystem gelöst. Durch die unterschiedlichen Manöverscheiben je nach Schiffstyp, Hindernisse, Aktionen und Ausrüstungskarten kommt eine gehörige Variabilität zustande.

Daniel: Das ist wirklich interessant. Denn zusätzlich zur taktischen Planung und dem damit verbundenen analytischen Geist kommt ein weiteres Skillset hinzu, das beherrscht werden will: die räumliche Einschätzungsfähigkeit. Schaffe ich es mit einer 2er 90°-Kurve um den Asteroiden herum, oder sollte ich lieber eine 3er nehmen? Oder bin ich dann direkt im Visier der herankreischenden TIE-Fighter? Wobei … die vermuten bestimmt, dass ich geradeaus fliege. Mit einer engen Kurve, gefolgt von einer Rolle, kann ich mich dann perfekt positionieren …

Das ist alles keineswegs trivial. Aber dadurch, dass man pro Schiff nur ein Manöver wählen muss (und man im allgemeinen nur zwischen zwei und fünf Schiffe besitzt), spielt sich X-Wing angenehm flott.

Ingo: Gewinner ist der, der zuletzt übrig bleibt, oder nach einer festgelegten Zeit (gemessen in Runden oder auch in Minuten) die meisten Punkte hat, welche es durch die abgeschossenen Gegnerschiffe gibt. Bei aller Variabilität bleibt das Spiel im Grunde sehr einfach und man ist schnell mitten drin. Das Besondere ist für mich … tatsächlich doch der Teil der Flugsimulation. Verdammte Axt, ist das gut gelöst! Und wie oft habe ich schon Gesichtszüge entgleisen sehen, wenn das geplante Manöver nach Anlegen der Schablone doch nicht so geil war, wie geplant. Ein guter Flieger wird einem unerfahrenen Rookie wohl schnell überlegen sein.

Daniel: Langsam werde ich besser. Aber ich bin noch weit entfernt davon, zufrieden mit meinen Manövern zu sein. Wirklich ein Spiel, dass Übung erfordert.

Ingo: Aber trotzdem hat es durch das Würfeln etwas Leichtes. Ich bin ja auch eigentlich keiner, der gerne vor dem Spiel so was wie ein „Deck“ zusammenbaut, aber da eine 100-Punkte-Staffel mit einer überschaubaren Anzahl Schiffen gebaut ist, stört mich das hier gar nicht.  Selbst dann nicht, wenn ich so bescheiden abschneide wie in meinen letzten Partien … Anfänger seien gewarnt: das Suchtpotential kann schnell teuer werden. Ich investiere derzeit noch gerne in neue Schiffe oder Zubehör (yeah, ich habe jetzt auch eine Spielmatte!).

Daniel: Kennst Du eigentlich den inoffiziellen Vorgänger, Wings of War (inzwischen umbenannt in Wings of Glory)? Da steuert man auch Flugobjekte – in dem Fall historische Doppeldecker aus dem 1. Weltkrieg –, allerdings mit Karten statt mit den feinen Manöverrädchen. Jedes Flugzeug hat sein eigenes umfangreiches Deck, teilweise radikal anders als bei den anderen Maschinen. Ein Fokker Dr. I Dreidecker zum Beispiel (der „Rote Baron“ flog dereinst die Teile) konnte, bedingt durch seine Konstruktion, weitaus engere Rechts- als Linkskurven fliegen, und das wird durch die Karten simuliert. Überhaupt ist WoW/WoG weitaus simulationslastiger, dabei aber auch simpel zu steuern (und insgesamt auch „leichter“ als X-Wing). Man sieht aber auf jeden Fall die Weiterentwicklung und die Ausrichtung von X-Wing auf die Turnierfähigkeit mit den ganzen Aufrüstungen, mit denen man seine Jägerstaffel individualisiert.

Ingo: Nee, kenn ich nicht. Klingt vom Setting her aber schon interessant. Das müsste ich aber dann mal bei wem anders mitspielen, meine Credits sind ja alle weit entfernt, in einer anderen Galaxis investiert …

Daniel: Ich habe einige Flugzeuge, wir können gerne mal ein Spiel wagen. Ich spiele X-Wing übrigens auch sehr gerne mit meinem achtjährigen Sohn, dem ich die Auswahl der Schiffe überlasse und dem ich einen punktemäßig deutlichen Punktevorsprung gebe. Und wir spielen meistens ohne große Aufrüstungen (wobei er auf R2-D2 besteht, wenn er Rebellen fliegt). Er findet es auch klasse. – Wenn ich so darüber nachdenke, sollte ich mir vielleicht mit ihm WoW noch mal angucken, weil es schon ein bisschen simpler ist.


Ingo: Ich bleibe bei meiner Nummer zwei noch einmal bei Star Wars. Imperial Assault bringt die Action aus Star Wars jetzt auf den Boden. In verschiedenen Szenarien spiele ich entweder Helden der Rebellenallianz oder imperiale Truppen. Das Ganze ist ein taktisches Miniaturenspiel und kann wohl genauso suchterzeugend und teuer werden wie X-Wing. Hier gibt es dann je nach Szenario festgelegte Bodenpläne mit festem Bewegungsraster (sprich: Quadrate). Um es kurz zu machen, und es ist ja sicherlich auch einiges darüber bekannt: es ist ein Descent 2 reloaded in space mit Star Wars-Thema. Dabei verbessert es einige Konzepte, wie z. B. Sichtlinien, oder dass man nicht mehr beim Angriff patzen, aber als leicht gerüsteter Verteidiger einem solchen ausweichen kann.

Daniel: Bei Gelegenheit möchte ich das auch mal ausprobieren, wobei ich mit Descent 2 eigentlich fertig bin, weil es eher taktischen Miniaturenspiel als Dungeoncrawler ist (und auch sein will). Aber Star Wars geht ja immer, und wenn man weiß, worauf man sich einlässt, sowieso.

Ingo: Schön finde ich auch, dass man sowohl eine epische Kampagne spielen kann, als auch einzelne Gefechte in einem reinen 2-Spieler-Modus. Die Gefechte benötigen dabei wieder etwas „Deckbau“, aber das hält sich hier auch in Grenzen. Mann, war ich hin- und hergerissen, ob ich mir das zulege. Jetzt steht es doch in  meinem Regal und will unbedingt gespielt werden … und das sogar im Gefechtsmodus, den ich anfangs als für mich wenig interessant empfunden habe. Mein erstes Gefecht konnte ich bereits für mich entscheiden (sorry Andreas H.), aber ich muss noch rausfinden, ob das Zufall war. Dass es genial aussieht, sei nur am Rande bemerkt … ach, wem mache ich was vor: Die Minis sind sooo gut! Ich bin mir sehr sicher, dass es mit meiner Descent2-Sammlung friedlich koexistieren kann.



Daniel:
Meine Nummer zwei wäre Zombicide: Black Plague. Das ist eine … hm … Neuauflage? Ein Re-Boot? Eine alternative Version von Zombicide, welche nicht mehr in der modernen Welt sondern im Fantasy-Mittelalter nach der Zombieapokalpyse spielt. Mal was anderes!

Ich habe inzwischen ja alle Miniaturen gemalt (und das letzte Mal im Spieltraum damit angegeben – das Tutorial zum Schnellbemalen kommt in der nächsten Woche!) und freue mich jedes Mal wie Bolle, wenn ich dieses ohnehin schon toll ausgestattete Spiel aufbauen kann. Bisher habe ich es allerdings nur solo oder mit meinem Sohn gespielt, noch nicht mit gleichgesinnten Erwachsenen. Das muss sich auch mal ändern!

Ingo: Kannste haben! Und deine Minis stellen sicherlich ein gutes Beitragsbild dar … wer sich’s erlauben kann, darf auch angeben!

Daniel: Muchas gracias. Zum Spiel selbst sag ich jetzt nicht mehr so viel. Es ist einfach nur eine leichte Weiterentwicklung des „modernen“ Zombicides. Die Plastik-Organizer sind toll (die wünschte man sich bei vielen Spielen dieser Art), dass man jetzt Rüstung hat ebenfalls, und die leicht geänderte Zielpriorität bei Fernkämpfen (man trifft nicht mehr automatisch die Mit-Überlebenden) gab es schon als Hausregel. Wer das klassische Zombicide besitzt, braucht Black Plague vermutlich nicht, aber ich liebe es heiß und innig und bin tatsächlich auch sehr froh darüber, die Fantasy-Variante zu besitzen, u. a. weil es mich vor meinem Sohn nicht in Erklärungsnot bringt, denn mit Magie kann man ja alles erklären, auch die wandelnden Toten. Nur schade, dass es noch bis Juni dauern soll, bis die Kickstarter-Extras eintreffen …


Ingo: So, was habe ich hier noch auf meinem Zettel … ah, der Überraschungstitel. Ist schon was älter, ist nie gehyped worden (oder ich hätte es nicht mitbekommen) und wäre fast in meiner Flohmarktskiste gelandet. Die Rede ist von Die Paläste von Carrara. Darauf gekommen bin ich wieder, nachdem ich das neue Kramer/Kiesling-Werk Porta Nigra gespielt habe und es ganz gut fand. Zusammen mit Asara liegt hier irgendwie eine Bautrilogie dieses Autorenduos vor, ob das beabsichtig war? In dieser Trilogie würde ich Asara als das einfachste und familientauglichste einschätzen und Porta Nigra – allerdings erst nach einem Spiel – als komplexestes (aber dennoch nicht kompliziertes).

Daniel: Unter den drei Spielen ist Porta Nigra mein Lieblingsspiel.

Ingo: Echt?

Daniel: Nein. Ich hab die alle nicht gespielt.

Ingo: Aha, vielen Dank (Memo an mich: Wissenslücke bei Daniel auffüllen und die drei Spiele als Ameritrash im Eurogewand anpreisen … ). Die Paläste von Carrara macht jetzt allerdings etwas, was es für mich aus der Trilogie heraushebt. Neben den Aktionen „Steine kaufen“ und „Gebäude bauen“ ist „Werten“ die dritte unter den Möglichkeiten, unter denen ich wählen kann, wenn ich am Zug bin. Somit liegt es in meiner Hand und in meinem Timing, wann ich werte und wie viel mir diese Wertung bringt. Übrigens kann ich auch nur über Wertungen an neues Geld kommen, was mich zu frühen Wertungen fast zwingt: denn die anfänglichen 20 Mäuse sind schnell beim Marmorhändler meines Vertrauens ausgegeben. Und während jeder Spieler jede Gebäudeart einmal im Spiel werten kann, wird jede der sechs Stäcdte nur einmal pro Spiel gewertet. Ich muss mich also auch noch beeilen, und auf jeden Fall schauen, was die Gegner machen. Am Ende gibt es eine Abschlusswertung, die durch vier Bedingungen beeinflusst ist. Das Spiel kommt mit einer beigelegten „Erweiterung“, die eigentlich erst das volle Spiel entfaltet. Die Module hieraus sind für erfahrene Spieler leicht zu lernen, trotzdem macht es Sinn, mit dem Basisspiel erst mal ein Gefühl für das besondere Timing dieses Spiels zu gewinnen. Spaß macht es auch schon in dieser Version, … solange man die erweiterten Regeln noch nicht kennt! Momentan bin ich ziemlich „Euro“-müde (nein, das ist kein politisches Statement! … und, Daniel, ey, es sieht echt nur so aus, als wäre es ein Euro, in Wirklichkeit bauen da Goblins, Zombies und  Aliens und … nein? … na, den Versuch war es wert!), aber wenn, dann mag ich aus dieser Rubrik gerade solche Spiele, die eine Spannung mit wenigen Mitteln erzeugen. Also, macht euch keine Hoffnung auf den Flohmarkt … zumindest nicht, was Die Paläste von Carrara angeht.


Daniel: Meine Nummer drei ist die Maus und Mystik-Erweiterung Geschichten aus dem Dunkelwald. Die ersten beiden Bücher der Serie haben wir familienintern mit so viel Leidenschaft durchgespielt, dass die mongolischen Wüstenrennmäuse, die wir als Haustiere halten, allesamt die Namen der Charaktere haben: Collin (†), Krümel (†), Maginos, Finger und Ansel. Und auch der dritte Teil der Mäusesaga begeistert die ganze Familie.

Ingo: Oh, ich bin ja soo neidisch, dass ihr schon so weit seid! Ich mag das Spiel auch sehr, aber wir haben gerade mal das fünfte Kapitel aus dem Grundspiel geschafft. An Szenario drei sind wir fast verzweifelt. Ich hab so Bock auf die neuen Minis und vor allem aus die Geschichten aus dem Paulanergarten Dunkelwald!

Daniel: M&M steht in der Tradition der einfachen klassischen Dungeoncrawler wie Heroquest. Es ist komplett kooperativ und verbindet das Gegnerverkloppen – familienfreundlich gelöst, denn wir schlagen uns nicht mit Orks und Goblins und ähnlichen Schreckensgestalten herum, sondern mit Kakerlaken, Spinnen und Ratten – mit einer äußerst solide und spannend erzählten Geschichte, die man kapitelweise und Szene für Szene mit erlebt. Mechanisch recht simpel, spricht Maus und Mystik jedoch etwas anderes an als das analytische Kleinhirn: das Herz.

Inzwischen sind wir mit dem dritten Kapitel von insgesamt 10 (oder waren es 11?) durch und freuen uns schon auf den nächsten Sonntagnachmittag, an dem wir weiterspielen dürfen.


Ingo: Ich merke, dass es gar nicht einfach war, auf vier Titel zu begrenzen. Und einige Spiele wie Eine Studie in Smaragdgrün, Cyclades, Pandemic Legacy, Nations (na sieh mal an … da sind ja doch einige Euroartige dabei …) verfehlen das Treppchen wirklich nur knapp. Aber ein kleines Schächtelchen schiebt sich an diesen dann doch vorbei … und das mit einigem Anlauf! Denn eigentlich hatte ich ja gehofft, Die Drachenprophezeiung, derzeit die neueste Mission für T.I.M.E Stories, schon zu Weihnachten auf den Tisch zu bekommen! Es mag nicht über jeden Zweifel erhaben sein, aber für mich ist es derzeit ein Ausnahmespiel! Geschichten erzählt wurden bereits in anderen, meist Kampagnenspielen (z.B. Maus und Mystik). Eine Geschichte erleben kann man jedoch nur hier (was zumindest meinen grundsätzlich begrenzten Spielehorizont engeht). Und ich beginne auch zu ahnen, warum es Sinn macht, die Abenteuer in richtiger Reihenfolge, also nach Erscheinungsdatum, zu spielen. Und das Beste ist: ich muss … nein darf jetzt gar nicht mehr schreiben, denn der Reiz bei T.I.M.E Stories liegt nun einfach mal darin, so wenig wie möglich im Vorfeld darüber zu wissen!

Daniel: Ich kann kaum glauben, dass ich T.I.M.E Stories (dass hinter dem E aus Designgründen der Punkt fehlt, macht mich übrigens wahnsinnig!) …

Ingo: +1

Pandemic1Daniel: … noch nicht gespielt habe. Ich weiß, dass ich es lieben würde. Aber irgendwie fehlt mir die passende Gruppe und vor allem auch die Zeit dafür. Außerdem muss erst noch Pandemic Legacy weiter gespielt werden, was meine Nummer vier ist. Zu diesem Goldstück muss auch nichts weiter gesagt werden – es ist in alle Richtungen perfekt, wenn man kooperativen Spielen wenigstens ein bisschen abgewinnen kann. Nur die mangelnde Zeit (und die Serie Dexter!) verhindert, dass wir noch nicht die erste Season beendet haben und noch im Mai (mit bisher insgesamt nur einer verlorenen Partie) dahindümpeln.

Ingo: Ihr seid im Mai? Dann wisst ihr ja was passiert, nachdem …? Und ist jetzt bei euch …? Hach, schon wieder so ein Geheimnisspiel, zu dem man sich in stillen dunklen Ecken treffen muss, um über das Erlebte beim Spiel leise zu tuscheln. Aber du hattest im letzten Beitrag Recht: mir gefällt das sehr und es kommt in punkto „Geschichten erleben“ T.I.M.E Stories durchaus nah.

Ja, Mensch, da haben wir es ja auch schon geschafft. Und ihr da draußen? Wie sieht euer „Spiel der Stunde“-Quartett aus? Ist das Konzept des Quartett reizvoll für eine Serie?

Daniel: Und wenn ja, welche Quartette würdet ihr gerne bilden, welche Themen oder Spielkategorien wären für euch interessant?

Weiter spielen!