Es geht weiter: unsere weiteren Eindrücke der Essen-Neuheiten. Im zweiten Bericht von Ingo und Daniel: kleinere Spiele und Familienspiele.

Kleine Spiele

Shinobi vom spanischen Verlag GDM folgt einer simple Idee: jeder Spieler besitzt vier Ninja-Karten (Katana, Shuriken, Blasrohr, Dolch), und es werden reihum zu jedem Spieler je eine Karte gelegt. Beim Legen darf man über die wahre Identität der Karte lügen und mit einem Plastikwürfelchen markieren, was die Karte sein soll. Nun werden die Karten nacheinander aufgedeckt. Haben zwei Karten das gleiche Symbol, verliert man ein Leben. Bei dreien jedoch verlieren alle anderen Spieler eines. Und bei drei verschiedenen ebenfalls. Das erzeugt ein kribbelndes Risiko: decke ich nach zwei Karten noch eine weitere auf? – Leider hat das grafische Design total versagt, denn die Illustrationen sind zwar toll, es ist aber leider nicht auf den ersten Blick erkennbar, welche Karten bei den Mitspielern ausliegen. So leider nicht spielbar – warten wir auf eine Neuauflage nächstes Jahr. DN

Ich war von der Gestaltung nicht ganz so irritiert, und fühlte mich von Shinobi ganz gut unterhalten. Aber ich verstehe schon, was Daniel meint. Die Leute vom Stand schienen für diese Rückmeldung auch ganz dankbar zu sein und mal sehen, ob da etwas verändert wird. IS

¡Abordaje! („Entern!“) schreit uns die kleine Schachtel dieses 2-Personen-Spieles an. Und genau darum geht es: ein Pirat und ein spanisches Marineschiff im Kampf auf hoher See, bei dem die Seite gewinnt, die zuerst 2 gegnerische Decks erobert hat. Hierzu stehen insgesamt je zweimal die Aktionen „1. Kampf!“, „2. Entern!“, „3. Feuer!“, „4. Zurückdrängen“, „5. Deckung!“ und „6. Verstärkung!“ zur Verfügung, die durch Drafting verteilt und je eine pro Deck zugeordnet werden. Der Kapitän verstärkt bei Anwesenheit auf dem Deck jeweils die gewählte Aktion. Im vollen Spiel kommt eine Asymmetrie hinzu: der Spanier hat mehr Männer an Bord in der Reserve und führt mit dem Kapitän immer die erste Aktion aus (sonst: aufsteigende Zahlenfolge), der Pirat darf zwei Befehle noch einmal austauschen. Zudem gibt es zwei Piratenkapitäne und drei spanische Kapitäne mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Die Regel ist auf spanisch und englisch und etwas holprig. Ich konnte diesem kleinen Spiel mit dem großartigen Thema aber nicht widerstehen! IS

Ich fand die Erklärung recht verwirrend, aber ich spiele es gerne noch einmal mit, denn Thema und Mechanik sind schon recht interessant. Allerdings: wie viele Drafting-Spiele brauche ich noch? Ist mit 7 Wonders, Sushi Go und Tides of Time nicht schon alles gesagt? DN

Splash! Ein winziges, blechdosenverpacktes (vgl. Dobble) Jenga mit Fremdärgerkomponente. Man stapelt futzelige Holzsteine mit spitzen Fingern übereinander und gibt mit Farbe oder Form des benutzten Teils vor, was der Nachbar zu benutzen hat.

Idealerweise baut man möglichst gemein. Beispielsweise die dünnen, langen Klötze („Siedler-Straßen“) hochkant – und der nächste Spieler schafft es tatsächlich dann noch, einen weiteren dieser Klötze darauf zu türmen. So schön kann Physik sein. Naja. Spaßig, wenn vermutlich auch nicht der Dauerburner. DN


Die Portale von Molthar. Amigo-typisch einfache Regeln in diesem Kartenspiel, dazu eine tolle Grafik mit Spot-Lackierung auf den Karten. Warum ein solch generisches Fantasy-Thema gewählt wurde, erschließt sich mir nicht, es stört aber immerhin nicht. Generell haben wir es mit einem leicht splendorigen Kartensammelspiel zu tun. Mit Kombinationen kaufen wir Karten aus der Auslage und erwerben damit (wieder einmal) Spezialfähigkeiten oder Punkte. Nicht unbedingt spektakulär, machte aber sehr viel Spaß. Werde ich eventuell (natürlich im Spieltraum!) kaufen, da unbedingt familientauglich – und durch das Thema auch für meinen Sohn interessant. Vielleicht deshalb die Einkleidung. DN

Eine weise Mitspielerin (nennen wir sie L. Araya) machte mich mal darauf aufmerksam, dass das Spiel ein bißchen wie Splendor ist. Nur in gut (Warnung: der letzte Satz enthielt eine massive subjektive und wertende Komponente! Korrekt wäre: Splendor ist gut, aber nicht für jeden!). Ich hatte nichts von dem Spiel erwartet und war doch positiv überrascht, wie gut es mir gefiel. Und hier passt auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Sollte man mal ausprobieren. IS

Arboretum. Wunderschön gezeichnetes Kartenspiel, bei dem wir Karten zweidimensional auslegen um (wertemäßig aufsteigend) Wege zwischen gleichen Baumarten zu bilden. Erzeugt ein interessantes Dilemma, das mich sehr an Lost Cities erinnerte: „Ich kann nichts ablegen!“ Kam am Abend bei meinen Mitspielern nicht so riesengut an, ich fand es aber gut. Werde es noch einmal zum Spieleabend mitbringen und auch mal in Zweierbesetzung ausprobieren. Ich mag ja so was. 🙂 DN

Familiäres

Captain Black sieht mit seinem mehr als 50 cm langen Piratenschiff aus Pappe klasse aus. Der namensgebende Pirat wird als große Kunststofffigur auf spezielle runde Plastikfelder gestellt um mittels der Elektronik Anweisungen geben zu können. Das kooperative Spiel krankt leider an mittelmäßig unterhaltsamen Minispielchen wie z. B. dem Erfühlen von Pappteilen, Schnellwürfeln  oder Pappzielschnipsereien. Der Brettspielunterbau ist erschreckend konservativ, und die ach so piratigen Ansagen nerven. Ich hatte mir ein neues Wer wars? oder Schnappt Hubi vorgestellt, aber das war wohl nichts. Schade. DN

Dafür hat uns Kakerlaloop so gut gefallen, dass wir durchaus überlegt haben, es uns anzuschaffen. Unter Zeitdruck würfeln wir reihum und versuchen, unsere Käfer (=Spielfiguren) über den Hinterhof (=Spielplan, direkt in der Box) zu bewegen. Irgendwann erscheint dann die gefährliche Kakerlake – und das ist durchaus gegenständlich zu nehmen, denn selbige ist ein Hexbug, ein kleines mechanisches Dingelchen, das unablässig und zufällig umherflitzt – und sobald sie oberirdisch auf dem Spielplan eintrifft, machen wir eine Würfelpause und starren gebannt auf das Elektroinsekt, das unsere sich totstellenden Käfer tatsächlich physisch von ihren Feldern verschiebt. Wenn sie schließlich hinreichend Zerstörung und Chaos angerichtet hat und wieder unter den Spielplan verschwindet, geht es weiter mit dem Würfeln. Hoher Aufforderungscharakter durch die batteriebetriebene Komponente, schönes Familienspiel. DN

Spinderella ist jüngst Kinderspiel des Jahres 2015 geworden, und ich habe keine Ahnung, warum. Zugegebenermaßen ist die zentrale Mechanik (hier wörtlich zu verstehen) interessant: Über dem als Waldboden gestalteten Spielfeld, über das Ameisen rennen, schwebt die Spinne Spinderella, die von ihren magnetischen Brüdern abgeseilt wird. An einer der beiden oberen Spinnen ist der Spinnfaden befestigt, der von der anderen Spinne nach unten gelenkt wird. Der Abstand der Brüderspinnen (Luigi und Mario?) bestimmt die Höhe Spinderellas, die Position der Umlenkspinne ihre Positionierung. Das ist alles toll – doch leider ist der Rest erschreckend konventionell und langatmig. Vielleicht funktioniert es ja für kleinere Kinder … DN

Meine beiden (4+6) haben es nach einmal spielen noch nicht wieder auf den Tisch gefordert, liegt aber wohl eher daran, dass sie derzeit nur begrenzt aushalten, konfrontativ zu spielen. Ich habe aber schon feststellen müssen, dass es für die Kleinen gar nicht so originell sein muss … aus unserer Sicht. Und: die eine der Spinnen heißt Klaus, da bin ich mir sicher. IS

Kicket ist natürlich keine Neuheit. Gefühlt war der Stand schon immer auf der Spiel, und das an der selben Stelle. Selbst als es noch die anderen Hallen waren. Äh. Es handelt sich auf jeden Fall um ein taktisches Fußballspiel, das auf dem Rasen, also im Garten, gespielt wird. In meinem Zug darf ich eine der vierzig Zentimeter hohen Spielfiguren mit dem Fuß verschieben und danach einen Schuss oder Pass wagen. Durchaus schönes Draußenspiel, als Ergänzung zu Möllky, Kubb oder Crossboule. Aber. Die Variante, die nur (!) 50 Euro kosten und dafür aus günstigem (billigem?) Kunststoff sein wird, gibt es erst ab dem nächsten Jahr. Gucken wir uns dann noch mal an. DN

Im Monsters Tower befinden sich pro Spieler acht kleine schwarze Holzklötzchen in hinreichend auseinanderhaltbaren Formen. Innerhalb von einer Minute, durch eine Sanduhr nachgehalten, versuchen nun die Spieler wie wild, sie mit ihren durch die Fenster gesteckten Finger in das unterste Stockwerk zu bugsieren. Weitere Regeln gibt es tatsächlich nicht. Dafür aber jede Menge Gerangel und Geschubse. Wir haben immerhin drei einigermaßen lustige Minuten mit diesem Presspappenkonstrukt zugebracht, aber mehr muss ja auch nun wirklich nicht sein. Schon ab der Mitte des Spiels habe ich mich ein kleines Bisschen gelangweilt … DN


Rush & Bash packe ich mal zu den Familienspielen, denn zumindest vom Gefühl her passt es dahin. Ein einfaches Rennspiel im Geiste von Mario Kart, bei dem Karten die Zugweite und den Spurwechsel bestimmen, dazu noch chaotisches Bombenlegen und Raketen und und und. Leider funktioniert es nicht so super, und eine ausgelassene Stimmung kommt eher nicht auf. Taktik konnten wir nicht so recht ausmachen – es war immer offensichtlich, welche Karte gerade die optimale war. Und auch der variable Streckenaufbau konnte uns nicht überzeugen. Schade eigentlich, denn ein leichtes Rennspiel mit Interaktivität abseits der Streckenoptimierung hätte ich gut gefunden. So aber ist es doch leicht vergessbar. Nicht unerwähnt lassen möchte ich die unmotivierte Erklärerin, die erstens keine Lust zum Erklären hatte und zweitens auch Fragen teilweise nicht beantworten konnte, was natürlich für die positive Rezeption eines Spieles nicht vorteilhaft ist. DN

Jeder kann was, und wenn es nur doofe Gesichter machen ist.

Jeder kann was, und wenn es nur doofe Gesichter machen ist.

Top Faces. In der Mitte des Tisches liegen Karten aus, auf denen Personen abgebildet sind, die Fratzen schneiden. Der aktive Spieler nimmt eine Karte von einem verdeckten Talon und ahmt die darauf abgebildete Grimasse nach, so dass die Mitspieler erkennen, welche gemeint ist. Das war auch schon alles. Na gut, es gibt noch eine Punktwertung, die aber, wie bei allen Spielen dieser Art, eher nebensächlich ist. Und auf ein paar Bildern sind statt Gesichtern Tiere abgebildet (Was zu Aussprüchen wie „Du siehst aus wie ein Esel!“ führt). Für fünf bis zehn Minuten toller Familienspaß, aber dann reicht es auch. Möglicherweise betrunken spielbar, aber, ach nee, lass ma. DN


Dr. Eureka. Die Spieler besitzen drei Reagenzgläser, in denen je zwei farbige Kugeln stecken. Auf einer aufgedeckten Karte steht nun eine Vorgabe, z. B. 1) rot, grün, lila; 2) grün; 3) lila, rot. Jetzt versuchen alle Spieler hektisch, diese Vorgabe zu erfüllen, wobei – man ahnt es schon – die Kugeln nicht berührt werden dürfen, sondern vorsichtig umgeschüttet werden müssen. Was am Anfang langweilig aussah, entpuppte sich als verrücktes Rennen und ein Riesenspaß. Wer hätte das gedacht? Falls wir mal die Osnabrücker Spieletage auf die Reihe bekommen, wäre das ein tolles Turnierspiel. Aber auch so echt gut. DN