Schon mal darüber nachgedacht? Um Geld zu sparen oder vorab zu probieren wird gut und gerne mal auf einen Verleih zurückgegriffen. Seit kurzer Zeit finden Verleihkonzepte nun auch in unserer Brettspielwelt vermehrt Anwendung. Über lokale Bibliotheken oder Spielevereine eher schon ein alter Hut, bieten zuerst die Spiele-Offensive und mittlerweile auch der Verleihshop nun den Brettspielverleih über Internet an, ganz ähnlich dem Verleih einer DVD oder einem Videospiel – Artikel aussuchen, zugeschickt bekommen, nach einer Frist zurücksenden und schließlich eine recht kleine Leihgebühr bezahlen.

Wie in letzter Zeit immer deutlicher wird, greifen Ausleihkonzepte allerdings sehr stark den normalen Verkaufsmarkt an. So versucht die Videospielindustrie beispielsweise über nur ein Mal verwendbare Zusatzinhalte den Mehrwert eines Neuproduktes zu steigern oder per Anmeldeverfahren einen Weiterverkauf gar vollständig zu unterbinden. Eigentlich nur fair, denn jedes weiterverkaufte oder verliehene Spiel bringt den Entwicklern nahezu keine Einnahmen, und meiner Meinung nach sollte man für eine Leistung auch entsprechend und gerne bezahlen! 
Wie sieht das bei Brettspielen aus? Brettspiele verkaufen sich ohnehin vergleichsweise schlecht. Woran das liegt? Viel kleineres Interesse, leider, aber auch viel weniger Werbung, und vor allem ein ganz ganz großes Problem: Ein Brettspiel spielt man ab und an mal, dann gleich zu mehreren – es reicht den Meisten, wenn eine Gruppe oder auch ein Spieletreff nur ein einziges Exemplar zur Verfügung oder gar in Reichweite hat. Das bedeutet: Ein Spiel kommt auf um die 10 oder auch 50 Spielbegeisterte. Und viel mehr Spielbegeisterte, zumindest was die weniger bekannten und komplexeren Spiele angeht, finden sich im Schnitt an einem Ort erst gar nicht. Anders bei den Familienspielen, da kommt bei vielen zu Weihnachten immerhin noch ein Spiel unter den Baum – aber auch hier nur ein einziges Spiel im Jahr. Für ein Videospiel hingegen braucht jeder Einzelne für sich sein eigenes Exemplar, es finden sich Spieler über Spieler und die wollen auch noch alle tollen neuen Spiele spielen. Dieser Umstand lässt sich von der Brettspielbranche nahezu nicht regulieren – digitale Eingriffe funktionieren hier nicht. Bei den iOS-Umsetzungen etc. braucht immerhin jeder Internetnutzer seine eigene App. Das analoge Brettspiel sieht aber nur wenige Möglichkeiten vor – ein erstes interessantes Konzept bietet Risiko Evolution, da das Spiel über mehrere Partien unwiederruflich personalisiert und sogar Spielmaterial dauerhaft zerstört wird. Vielleicht nicht speziell zu diesem Zweck erdacht, unterbindet es doch den Weiterverkauf oder -verleih.
Wie ist also ein Brettspielverleih einzuordnen? Ihr ahnt es schon: Für mich moralisch so gesehen eigentlich absolut verboten! Der lokale Händler kann froh sein, wenn er ein Spiel über gute Beratung überhaupt verkaufen kann, muss dabei seine Preise schon an die unverschämt günstigen Online-Händler anpassen. Bekommen Spieler nun die Gelegenheit, ein überzeugendes Spiel, am besten noch nach getaner Beratung im Laden, für um die 5 Euro anderswo zu leihen, bedeutet das den unausweichlichen Ruin der Einzelhändler.
Für viele Spieler dürfte das Angebot allerdings ungemein attraktiv sein. Eine einfache Rechnung: Kostet das Spiel im Laden um die 50 Euro und ich spiele es für 5, habe ich 45 gespart. Selbst wenn ich irgendwann nochmal Lust auf das Spiel bekomme und es so ebenfalls wieder leihe, und das Ganze gerne auch zwei oder drei Mal, liege ich immer noch locker unter dem regulären Einkaufspreis. Wozu also jemals wieder ein Spiel kaufen, wenn ich selbst nach mehfachen geliehenen Partien noch unter dem Kaufpreis liege? Dazu geben sich die Anbieter merklich Mühe, eine Kaufberatung ansatzweise zu ersetzen, zum Beispiel durch Vorstellungsvideos, und bieten weitere Extras an, beispielsweise Regelerklärung per Video oder die Option das Spiel bei Gefallen direkt zu behalten, sei es das gebrauchte Exemplar oder ein ganz neues originalverpacktes, und dann keine Verleihgebühr zahlen zu müssen. Somit steht auch einem Ausprobieren nichts mehr im Wege, falls man das Spiel anschließend gegebenenfalls erwerben möchte. Dagegen steht der Einzelhändler, dessen individuelle und persönliche Beratung garantiert niemals online zu schlagen sein wird, und auch bietet er die einzigartige Möglichkeit, das Spiel vor Ort tatsächlich in den Händen halten und reinschauen zu können.
Bei ein ganz paar Titeln die ich selber noch nicht spielen konnte und auch sonst nirgendswo anspielen kann, da älter und unbekannt, würde ich ein Probieren sogar selbst in Erwägung ziehen. Da ich gut informiert bin und daher die Chance recht groß ist, dass ich die Spiele hinterher vermutlich ohnehin behalte, ist es eine nette und nicht stark schädigende Angelegenheit. Im Allgemeinen möchte ich Euch aber nochmal einen alternativen Rechenweg aufzeigen: Spiele ich ein Spiel für um die 50 Euro etwa eine Stunde mit 4 Mitspielern, zahlt quasi jeder Spaßbeteiligte 10 Euro pro Stunde. Kommt es irgendwann zu einer zweiten Partie, steht jeder nur noch bei 5 Euro; sind neue Teilnehmer dabei, hat das Spiel auch diese mitbedient und der Preis pro Person sinkt deutlich weiter; sowie bei jeder weiteren Partie. Und 50 Euro für eine Stunde ist dabei sehr optimistisch, oft dauern diese Spiele länger; und zwei Partien sollte eigentlich ohnehin wirklich jedes Spiel sehen, selbst Durchschnittskost. Vergleicht man das nun mit einem Cocktail-, Disco- oder Kinoabend, ist so ein Spieleabend noch eine vergleichsweise günstige Investition für alle Beteiligten! Was Leute da so für Geld lassen: ein Cocktail für über 5 Euro ist die Regel, aber wann bleibt es bei einem; eine Kinokarte plus Popkorn liegt bei mindestens 10 Euro für etwa 2 Stunden. Und ein Spiel ist zudem nochmal eine ganz andere und unvergleichliche kommunikative Erfahrung, die man meiner Meinung nach nicht aussparen sollte – aber das kennt und schätzt Ihr ja selbst.
Also, kommen wir zum Zeigefinger: Klar kommt man über Verleih oder Raubkopie immer günstiger an ein Produkt, aber macht man sich die Geldverhältnisse einmal vernünftig bewusst, so ist die Investition in ein Brettspiel einerseits nur richtig und andererseits auch nicht zu viel verlangt – im Gegenteil! Zudem sieht ein Spiel schick aus und es ist ja auch ein nicht zu verachtender Vorteil, zu jeder Zeit daheim eine gute Auswahl für jede Gelegenheit und jeden Geschmack parat zu haben. Denkt über Euer Kaufverhalten nach: Informiert Euch bei Eurem lokalen Händler was Euch vermutlich zumindest ansatzweise gefallen könnte und kauft diese Spiele abwechselnd in der Spielegruppe oder teilt die Anschaffungskosten umgehend unter den Mitspielern auf – und Ihr werdet staunen wie viele verschiedene Spiele man sich plötzlich locker leisten kann, und wie wenig Fehlkäufe es geldtechnisch gesehen gibt. Und gleichzeitig unterstützt ihr so sehr stark die Branche und auch Euren Einzelhändler. Wie oft habe ich mich schon über einen hinterher leider doch doofen Kinofilm oder die Popkorn- und Cocktailpreise geärgert…